Einführung
Die Kenntnis bzw. Unkenntnis von Fremdsprachen bestimmt das Weltbild einer Person in einem bisher wohl noch nicht ausreichend erforschten Ausmaß. Es ist daher historisch und kulturgeschichtlich bedeutsam, ob und welche Fremdsprachen eine in Kultur und Politik hervorgetretene Person hatte. Das heutige Christentum hätte vermutlich eine andere Form, wenn die Autoren des Neuen Testaments Lateinisch oder Hebräisch gekonnt hätten. Für die Kirchengeschichte war es von weitreichender Bedeutung, dass Augustinus kein Griechisch mehr konnte und die griechischen Kirchenväter kein Lateinisch. Der französische und skandinavische Protestantismus haben, obwohl beide von Luther ausgehend, ganz verschiedene Wege eingeschlagen, vielleicht auch deswegen, weil Johannes Calvin kein Deutsch konnte und er von Luthers Werken nur die lateinisch geschriebenen zur Kenntnis nehmen konnte, während man in Dänemark und Schweden Deutsch verstand.
Der West - Östliche Diwan wirkt anders vorher und nachdem man weiß, dass Goethe gar keine arabischen Sprachkenntnisse hatte. Die Bewertung des dänischen Schriftstellers H. C. Andersen, auch in der Sicht der Seinen, ist nur möglich, wenn bedacht wird, dass Andersen fast ebenso gut Deutsch wie Dänisch konnte. Voltaire wirkt im Vergleich zu zeitgleichen Deutschen und Russen anders, wenn wir bedenken, dass zwar diese seine, er aber nicht deren Sprache verstand.
Es ist bisher kaum untersucht worden, ob und ggfs welche Rolle es gespielt hat, dass am Vorabend des 1. Weltkrieges alle führenden Persönlichkeiten auf Seiten der Mittelmächte neben ihrer Muttersprache mindestens Französisch, in der Regel auch Englisch verstanden und sprachen, dass aber die ihnen entsprechenden Personen auf der Gegenseite im Westen, von seltenen Ausnahmen abgesehen, keine deutschen Sprachkenntnisse hatten, russische Politiker hingegen wohl. Für Art und Inhalt der Pariser Vorortverträge, aus denen das heutige Regime in Mittelosteuropa und im Vorderen Orients hervorgegangen ist, war es vielleicht von großer Bedeutung, dass die Siegerstaaten sich kaum die Mühe gemacht haben, durch Wahrnehmung der jeweiligen Landessprachen Zutritt zu den Ländern und Völkern zu finden, über welche sie verfügten. Die verkorksten Friedensmissionen auf dem Balkan im Anschluß an den Bosnienkrieg ( 1995) sind zu einem gerüttelt Maß darauf zurückzuführen, dass die englischsprachigen Akteure keinerlei Bereitschaft zeigten, sich auf Sprache und Kultur des ihnen anvertrauten Landes einzulassen.
Das hier vorgeschlagene Lexikon versucht, die angedeuteten Fragen bewusst zu machen, indem, soweit nach der Quellenlage möglich, die Sprachkenntnisse der handelnden Personen benannt werden.
Zusätzlich werden scheinbar unwichtige persönliche Besonderheiten erwähnt, z. B. persönlichkeitsprägende Krankheiten, Liebhabereien, Verwandtschaftsverhältnisse soweit diese mit Wahrscheinlichkeit auf ihr Lebenswerk eingewirkt haben. Der ganz unerfahrenen 18 jährigen Victoria sollte es gelingen, das Ansehen der englischen Monarchie wieder herzustellen und eine ungewöhnlich erfolgreiche Politik zu betreiben. Die wichtige Rolle ihres Ehemannes, Prinz Albert, in unbestritten – aber welche Bedeutung spielte es, dass Victoria und Albert mit einander nur deutsch sprachen und korrespondierten? Welche Rolle spielte wiederum das bei der antideutschen Einstellung von Victoria Sohn und Nachfolger, König Eduard? Churchills Politik bekommt ein besonderes wird verständlicher, wenn man weiß, dass seine Mutter Amerikanerin war. Aufbau und Geschichte des IKEA – Konzerns hat vielleicht damit zutun, dass die Mutter des Gründers kein reiner Schwede ist, sondern dass Mutter eine Sudentendeutsche war.
Auffällig ist etwa, dass viele Unabhängigkeitshelden sich sprachlich und kulturell nach ihrer Mutter orientierten, deren im Ehenamen untergegangener Name dann aber nicht mehr erkennen lässt, weswegen etwa der Kampf für die deutsche Sprache in Südtirol von einem Manne mit einem rein italienischen Namen ( Silvio Mascagno) geführt, und weswegen die irische Unabhängigkeit von einem Manne mit spanischem Namen ( de Valera) erkämpft wurde. Die sprachliche Großleistung etwa von James Joyce ist wohl nur auf dem Hintergrund zu verstehen, dass er den weitaus größten Teil seines wachen Lebens außerhalb Irlands und außerhalb des englischen Sprachraums verbracht hat. Chopin, der polnische Musiker tritt in ein anders Licht, wenn man bedenkt, dass er Polen mit 19. Jahren verlassen hatte, fast nur noch Französisch sprach und niemals in seine Heimat zurückkehrte. Wenn Mozart begann, seinen Opern deutsche Texte zu unterlegen, ist das auch deswegen bemerkenswert, dass er Italienisch, die normale Librettosprache, mit der größten Leichtigkeit beherrschte.
Das hier vorgeschlagene Lexikon kann nicht alle diese Fragen aufnehmen, es soll aber beginnend mit den Sprachkenntnissen einer Person ein Anstoß gegeben werden, die Buchstaben zu erkennen, aus denen die Geschichte Worte, Sätze und oft auch Dramen schreibt.
Bewertung
Die Bewertung von Fremdsprachenkenntnissen, zumal bei historischen Personen, ist naturgemäß schwer. Es werden im folgenden nur grobe Anhaltspunkte gegeben, soweit sich aus den Quellen Schlüsse ziehen lassen. Im Einzelfall kann die Einschätzung durch den Verfasser willkürlich wirken.
Dabei bedeuten
M = Muttersprache
Z = Zweitsprache; die neben der Muttersprache beherrschte Sprache
Z2 = wird die Sprache bezeichnet, welche als dritte praktisch muttersprachlich beherrscht wurde; bis ins 19. Jahrhundert war das oft Französisch
Grund = Fähigkeit einfache Texte lesend im wesentlichen zu verstehen
Mittel = Mittelschwere Texte werden lesend verstanden, einfache Gedanken werden mündlich ausgedrückt
Gut = Klar verstandenes Lesen und Sprechen , wenn auch ggfs mit Fehlern
Literatur
Aden, Menno - Deutsch und Englisch Paderborn 2007
Encyclopedia Britannica - 1962 ff
Glaise: Hrg Broucek, Peter - General im Zwielicht – Die Erinnerungen Edmund Glaises v. Horstenau, Verlag Böhlau Wien, 1980 2 Bde
Kessler, Harry Graf - agebücher 1918 – 1937 Hrg. Wolfgang Pfeiffer - Belli Inselverlag 19611962
Pauly, Der Kleine - Lexikon der Antike dtv, 1979
Plutarch - Lebensbeschreibungen. Gesamtausgabe Übersetzt v. Joh. Fried. Sal. Kaltwasser, Reclam Leipzig 1913
Schmidt, Dr. Paul - Statist auf Diplomatischer Bühne Bonn 1949
Schema: N N Dichter 1.1.1900 – 31.12.1999
Muttersprache : Deutsch
1. Sprachkenntnisse
2. Allgemein NN war NS – Verfolgter und lebte meist in Brasilien
3. Quelle Roman Wolkenspiel, Bremen 1950 ; Lebensbild Weserkurier v. 13. 7. 1946
4. Originaltexte aaO. S. 13: Traf XX, welcher mich sofort auf Italienisch ansprach, dann aber, als er merkte, dass mir dieses schwer fiel, in Russische wechselte…
5. Besonderheiten NN `s TB enthalten Hinweise auf häufige Kopfschmerzen, was die vielen unvollendeten Werke erklärlich macht.
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